alltägliche Begegnungen als Clown Augusta

Reaktionen von Personen im Zug,/ auf der Straße/ im Cafe, wenn sie hören, welchen Beruf ich ausübe.


Es war zu Beginn meiner 1 1/2 jährigen  Ausbildung zum Clown f. Menschen mit Demenz, wo ich mehrmals in der Woche mit dem Zug nach Eindhoven fuhr, um dort  in  der  ,,Stiftung  miMakkus“  zu lernen.  Ich saß in einem Abteil zusammen mit einer älteren, feinen und elegant gekleideten  Dame . Sie fragte mich, was ich den beruflich machen würde, meine Antwort wahr wahrheitsgemäß, ,,Ich arbeite als Clown.“

Darauf sagte die Dame  pikiert, ( die sich wohl verhört hatte) ,, Sie stehlen!?“ Sie verließ sehr schnell das Abteil.  Hatte sie „klauen“ verstanden ?


In der Musikschule wurde ich von meiner Klarinetten Lehrerin gefragt:

,, Was machen Sie beruflich ?  – Ich sagte wie immer: „Ich arbeite als Clown für Menschen mit Demenz“

„Ach, prima, ich habe auch mal als Krankenschwester gearbeitet“ ! ;0)  



Frau M. besuchte ich am letzten Freitag zum erste Mal. Frau M. saß in ihrem fahrbaren Stuhl und ich hockte an den Tisch neben Ihr. Sie betrachtete mich stumm eine Weile lang. Dann blieb ihr Blick an meiner Kette mit den großen Perlen hängen.  Sie atmete einmal tief durch und sagte dann         ,, Perlen machen fett“

 

(puhhh, was für ein Glück habe ich, dass ich die nicht essen wollte.:-):-))


Mir wurde über Frau  L. schon vorher gesagt, dass Sie bisher jeden wegschickte, der ihr Zimmer betreten will….

Also klopfte ich, wie immer, vorsichtig –aber auch hörbar an die Zimmertür und öffnete sie… Sofort wurde mir der Zeigefinger von Frau L. entgegen gestreckt,  untermalt mit den Worten:                 ,,ich will kein Besuch,-bitte gehen Sie“.

….Stimmt, ich konnte mich davon überzeugen….


Ich setzte mich gut sichtbar für Frau  F. –die in ihrem Bett lag-  in ihren Zimmer hin. Sie schaute mich ca. 5 Minuten lang schweigend an und sprach dann: ,, Ich kann mit Ihrer Figur nichts anfangen“…

Ich verstand, und verschwand ,…..


Im Flur , saß eine muntere, tief im gemeinsamen  Schweigen vertiefte Frauengruppe (90+). Als Ich  die Gruppe  passierte, hörte ich ein schelmisches ..ho..ho..hoooo.


Eines Tages klopfte ich bei einer ca. 94 Jahren Dame an ihre Zimmertür. Als ich eintrat, saß eine quitschfedele, fröhlich dreinblickende Dame auf ihren Bett und sprach davon, dass heute ihre Eltern kämen, dass ihre Mutter eine Torte mitbrächte und ihr Vater ein Pony,….
Zusammen stellten wir uns auf den kleinen Balkon und hielten munter plappernd Ausschau nach Torte und Pony,.. es waren 15 wunderbare Minuten. Danach kehrte sie glücklich in ihr Zimmer zurück,….


Als, ich wieder einmal im Flur saß, erblickte mich eine Bewohnerin und verschwand in ihr Zimmer. Nach einiger Zeit kam sie wiederaus und war „schräg – schick“ – so wie ich – gekleidet. Sie kam stolz auf mich zu geschritten und eröffnete mir, dass sie jetzt zu einem Konzert gehen wolle und ob ich mitkäme? Natürlich !! So führte uns der Weg in die Gemeinschaftsküche der selbigen Abteilung, wir nahmen Platz und lauschten nun gespannt den Handwerkern, die in der Küche ihr Reparaturarbeiten machten…. Nach ca. 10 min. beugte sich die Dame zu mir, endschuldigte sich, dass Sie jetzt schon ginge- da ihr die Musik doch (der Krach der Handwerker) zu modern sei.


Es war die Zeit, als das englische Prinzenpaar einen Besuch in Deutschland absolvierte. Ich besuchte einen Herrn auf seinem Zimmer und war freudig erstaunt, als ich von einem, sonst ehr unsicher sprechenden Mann in fließenden Englisch begrüßt wurde. Wir unterhielten uns im besten Oxfordenglisch – nach  rheinischer Art-  und verbrachten so, vergnügliche Minuten ;0)


Im Gruppenraum , saß eine Dame, die mich mit einem ganz verkniffenem Gesicht ansah, als ich den Raum betrat. Sie hob erbost den Zeigefinger und rief: ,, Ha, Sie bringen bestimmt den Frühling !!!“  Dann lachte sie befreit los.


Auf einem Herrenzimmer, wurde ich von einem Bewohner, der mich kennt, einem anderen Herrn vorgestellt , daraus entwickelte sich der folgende kurze  Dialog : „Ja, Sie klont.“   Darauf antwortete der zweite Herr :

,,Ahh, interessant, Sie sind Chemikerin ?“  


Frau B. (nach ihren Aussagen schon fast 100 J. alt) hatte in den letzten 3 Monaten, wo ich sie besuchte, immer in ihrem Bett gelegen und wollte sterben. So dass unsere Kontakte  oft mit einem ,,lebe wohl“  endeten. Letzte Woche dann die große Überraschung! Ich betrat ihr Zimmer und ihr Bett war leer…… Dann hörte ich die Stimme von Fr. B. aus dem Bad. Ich ging zu ihr hin und da saß eine quick lebendige Frau B. vor dem Spiegel und schminkte sich!………. Sie strahlte mich an und ich fragte sie, nachdem ich meine Worte wieder gefunden hatte: ,,Haben sie keine Lust mehr zu sterben?“ Frau B. erwiderte: ,, Nee Liebchen, das Sterben habe ich jetzt sooo lange geübt – datt is auf die Dauer zu langweilig. Dann lebe ich halt einfach weiter. Wenn der da oben mich nicht will! “


Auch im Klinikum im Bergischen unterwegs,….

Hin und wieder werde ich angesprochen, ob wir denn schon wieder  Karneval hätten? Meine Antwort darauf lautet, „dass das bei mir chronisch sei. Also ich, als Clown Augusta, habe die Diagnose ,,Chronischen Karneval“. Letztens fragte mich darauf hin eine Ärztin, ob das denn ansteckend sei?

…und musste dabei selber lachen !

..also doch ;0)


In einem Seniorenheim  wurde an dem Tag, wo ich meinen Besuchstag hatte, zusammen mit den BW zum Kaffee extra für mich als Gast, ein  Aprikosenkäsekuchen gebacken. Als ich dann auf den Wohnbereichen meinen Besuch startete, saßen einige der BW schlafend vor ihren Stücken Kuchen. Ich setzte mich an einem Tisch zu einer Frau, die eingenickt war und sagte:“ Hmmm der Kuchen riecht ja göttlich. Der sieht ja wie selbstgebacken aus.“  Die Dame öffnete daraufhin ihre Augen und sagte ,,Hast du den Kuchen mitgebracht?“ ,,Natürlich! Ich habe ihn extra für Euch gebacken.“  Nun  aß sie mit großen Appetit den Kuchen und staunte über ,,meine“ Backkunst.


Auf einen meiner Runden im Klinikum, hörte ich schon von weiten einen Herrn sagen: “Endlich mal eine Person hier, mit der man sich ernsthaft unterhalten kann.“


Frau S. startet, nach ca. 9 Tagen im Bett liegen, ihre ersten Gehversuche mit der unterstützenden Begleitung von zwei Physiotherapeuten. Sie macht dabei einen unsicheren Eindruck auf mich. So tauchte ich vor dem Trio auf und fing an, in ihrem Tempo rückwärtsgehend, mit ihr zu reden. Frau S. freute sich über meine Anwesenheit und hatte das Gefühl, endlich ist jemand bei ihr. Durch meine Ablenkung konnte ich die Physiotherapeuten darin unterstützen, dass die nötigen Gehübungen einfacher absolviert werden konnten.


Besuch auf der 5 Etage. Frau N schaut mich neugierig, in ihrem Rollstuhl sitzend und mit kleinen Trippelschritten sich langsam durch den Flur ,,gehend“ an.

„Hallo, ich bin Augusta“  – „Und ich bin die Margaret“ So gingen wir gemeinsam über die Abteilung und singend und  summend über den verwickelnden Flur. Zwischendurch sehen wir uns dabei an und fragen uns, ob wir hier wohl richtig sind? Frau N. sagt darauf nur: „Wir sind hier richtig und zwar so richtig falsch.“ Als wir dann aber  am Ausgangspunkt unseres Zusammentreffens wieder  angekommen waren,  meinte Frau N. „JA hier sind wir richtig.“…….…..


Frau L. sitzt am Tisch mit den Rücken zu mir  im Gemeinschaftsraum und sagt:  ,,Ich fürchte mich vor dem Kissen da.“ Ohne nachzudenken erwidere ich: ,,Aber wieso ? Das tut doch nichts“ Darauf meinte Frau L kühn, mit erhobenen Zeigefinger: ,,Das ist noch nicht erwiesen“.


Anneliese, gerade vor wenigen Tagen  95 Jahre alt geworden, strahlte mich an und meinte: „Du, hör mal- ich werde ja in 4 ½ Jahren 100 Jahre alt und da werde ich dich als 1.  zu meinem Fest  einladen.“


Ich ging den langen Flur der Tagesklinik hinunter, als mich Frau N. mit ihrem Rollator aus einem Behandlungszimmer heraus entdeckte. Sie blickte mich an, wartete einen Moment, holte tief Luft und sagte: ,,Hör mal Augusta. Ich mache mir Sorgen. Ich habe ab und an einen leichten Anflug von Humor,- wie wird das Bewertet ? Das wollte ich auch schon dem Herr Dr. melden, der war mir heute auch erschienen. Aber Schwups – weg war er wieder…..“


Herr G. saß nach dem Mittagessen im Ruheraum und hatte es sich im Sessel  bequem gemacht. Als ich als Augusta grüßend am Zimmer vorbei ging, fing Herr G. gekonnt an zu jodeln. Das war natürlich ein Grund für mich noch einmal zurück zu gehen. Herr G. lachte und freute sich darüber, eine Weile mit Augusta zu quatschen.


Frau B. behauptet von sich selbst, das Sie alles vergisst. Als ich zu ihr ins Zimmer komme, sehe ich erst einmal nur eine Bettdecke, die im Bett rotiert. Frau B. hatte es sich unter ihre Bettdecke bequem gemacht und brauchte scheinbar etwas Bewegung. Als ich sie ansprach, schaute sie mit ihrem wuscheligen Haarschopf und ihren strahlenden Augen kurzzeitig unter ihrer Bettdecke hervor, während sie die Bettdecke weiterhin mit Hilfe ihrer Arme und Beinen über sich rotieren lies. Als Sie mich sah, sagte Sie ,,Ah heute siehst Du aber anders aus, als beim letzten Mal. Da hattest du noch einen anderen Hut, eine andere Halskette und dein Kleid ist auch neu!“ (Was vollkommen korrekt war)  Frau B. schaute nochmal kurz zu mir, bevor sie wieder unter ihre Bettdecke ganz verschwindet.


Lisbeth 94 j.alt steht sofort auf, als sie Augusta erblickt. Sie sagt:“Ich hau jetzt ab.“ Augusta ist hellaufbegeister. „Auja, ich komme mit.“ Zusammen stehen sie am Fester und gucken in die Gegend. Da wird Lisbeth unruhig und zeigt auf ein geparktes Auto und meint:“Da, das Auto, das können wir doch nehmen. Scheibe einschlagen und weg.“ Augusta schaut sie an und fragt:“… und wohin soll es gehen? Weil stell dir vor, wir kommen in die Zeitung, wo dann steht, ‚zwei alte Schachteln stahlen ein Auto und wussten nicht, wohin sie eigentlich fahren wollten.“ Lisbeth schaut nachdenklich:“Du hast Recht. Dann bleiben wir eben hier.“…. und grinst.


Gerda 83 J. alt. Sie ist blind. Ich überlasse ihr den Saum meines Kleides (ca. 50 Jahre alt) und sie fühlt – sieht. Auch meinen grossen rosafarbenen Strohhut, sowie die Kette mit den grossen und unterschiedlich geformten Perlen, schaut sie sich mit Hilfe ihrer Hände genaustens an und hat offensichtlich viel Vergnügen daran. Als sie mit dem Anfassen und Be-greifen fertig ist, strahlt sie ueber das ganze Gesicht und ruft freudig:“ boah! Was siehst du wunderschoen aus.“


Auf der 3.Etage im Pflegeheim besuchte ich Frau S. in ihrem Zimmer. Sie lag in ihrem Bett. Als sie mich ansah,bemerkte sie: “ Ohh, Sie haben eine wunderschöne Brille, wirklich ganz huebsch. Ach und ihre Zähne, so schön…..Aber, ach Gott! Das mit ihrer Nase tut mir ausgesprochen leid.“


Die Pfleger der Geriatrie sagten zu mir, geh doch bitte zu Herrn M. ins Zimmer- Er ist heute sooo traurig.

Als ich dann in sein Zimmer trat, fand ich einen 90. J. alten Mann vor, der im ersten Moment, noch am Weinen war. Als er mich aber sah, strahlte er mich sofort an. Wir unterhielten uns eine Weile, bis er mich dann fragte: „Was willst Du eigentlich später mal beruflich machen?“ Ich sagte ,,Ich will ein Clown sein.“.. Darauf schaute er mich sehr lange und schweigsam an, bis er entgegnete: „Mensch, Mädchen werd doch Schauspielerin, du hast das Zeug dazu!“ und lachte aus tiefstem Herzen.


Als ich heute das erste Mal Herrn E. besuchte, fand ich ihn in seinem Bett vor. Sein ganzer Körper war in einer überstreckten Haltung , seine Atmung war sehr hoch und flach, der Blick irrte ziellos umher. Ich begrüßte Herrn E. mit dem Lied, ,,Alle Vögel sind schon da“. Plötzlich passierte etwas Wunderbares mit ihm. Herr E. fing an, in dem selben Rhythmus zu atmen, wie ich sang. Nach einer Weile, fing er sogar an, mit mir zu singen. Seine Augen bekamen Glanz und er war ansprechbar für mich geworden. Als ich ihn zum Abschluss fragte, ob ich ihn noch einmal besuchen kommen dürfte, sagte er gut vernehmlich, jaaa….


Jede Woche, zur gleichen Zeit, werde ich  erwartet.

Ich beginne oben im Haus, wo ich mich zur Augusta umkleide, bevor ich die  einzelnen Bewohner besuche. In der obere Etage des Altenwohnheims befindet sich der Gemeinschaftsraum, der auf meinem Weg in die Zimmer liegt. Dort setze ich mich zu einer Gruppe, um ca.10 min. die wöchentlichen Neuigkeiten, die eigentlich ohne besondere Bedeutung sind, mit viel Freude und Wichtigkeit zu übermitteln. Wir lachen und diskutieren viel zusammen. Die Bewohner zeigen mir so, wie die Stimmung im Haus ist und auf was ich in den kommenden 2 Stunden achten muss. Bei meinem letzten Besuch wurde ich voller Freude und Herzlichkeit begrüßt, mit den Worten: „Heute ist wieder Montag und Frau Clownin kann bleiben, da unsere Ko…..(=Magen-Darmgrippe). nicht mehr so schlimm ist.“   „Die heißt Augusta!!!“

Bei meinem letzten Besuch, als ich den Gruppenraum wieder verließ, hörte ich hinter mir eine Dame zu Ihrem Besucher sagen: „Kannst du mich jetzt verstehen, warum ich Montags immer um diese Uhrzeit hier sein will?“


Nach einer regnerischen und stürmischen Fahrt mit meinem Rad zum nächsten Einsatz, werde ich von einer Bewohnerin mit den Worten begrüßt, die Ihren Kopf schüchtern durch die Abteilungstür steckte:“Frau Clownin , ich lebe ungesund!“ Ich lachte und gab ihr zur Antwort: “ Ich lebe doch auch ungesund,…“

Sie : „Dann ist ja gut, dann kann ich ja jetzt  eine Rauchen gehen.“  schlurf, schlurf verschwand sie hinter der Tür.


Frau Stein (Name geändert) Sitz alleine an einem großen Tisch am Fenster und hat ihre Augen geschlossen. Sie wippt dabei  leicht mit ihren Oberkörper und summt  eine Melodie. Ich setze mich zu ihr und nehme ihren Rhythmus auf und fange ebenfalls an ihre Melodie zu summen. Nach einer weile, öffnet Sie Ihre Augen und strahlt mich an, und sagt: ,,Ach! Da bist Du ja.“


Käthe 94 J. alt, blinzelte mich mit einem trotzigen Blick an und meinte:

,,Ach Augusta .., sterben,.. ist doch auch mal  ganz  schön. Da sieht man mal was Anderes, als all  den üblichen Quatsch“… .


Als Frau F. im Sterben lag und noch sehr gut ansprechbar war, fragte ich sie, ob sie glauben würde, dass es nach dem Tod weitergehen würde ? Da antwortete sie.  „Ich hoffe doch sehr, weil die ganze Zeit auf einem Gänseblümchen zu sitzen und Harfe spielen, das wäre nicht so mein Ding,…  „